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PRIVATE WEDNESDAY mit Arndt Ullmann

Arndt Ullmann ist Friseurmeister und Saloninhaber von „Arndt Ullman Salon“ im Herzen von Stuttgart, im wilden Süden Deutschlands. Schneiden, föhnen, die neuesten Trends kennen und trotzdem wissen, was der/die Stammkunde*in wünscht, handwerkliches Geschick beweisen und den Erfolg des Salons im Auge behalten. Das stellen wir uns ziemlich umfangreich vor.

MAENNERSTYLE: Arndt, was ist das Schönste an Deinem Beruf?

ARNDT ULLMANN: Das Schönste an meinem Beruf ist, dass wir jeden Tag sofort Feedback bekommen für das, was für tun. Und dass wir extrem viele positive Antworten auf unsere Arbeit bekommen, was in viele Berufen gar nicht möglich ist. Ganz egal wie toll die anderen was machen, ob Architekten, Mediziner oder sonst irgendwas: sie alle machen einen wahnsinns Job – aber wir bekommen am Tag in unserem Laden pro Friseur meistens 8-10 positive Feedbacks. Und es ist das Schönste, mit Menschen zu arbeiten - unser Beruf ist grundsätzlich vom Positiven gekrönt. Ich hatte neulich eine Kundin da, sie sagte wie schön, lustig und amüsant es hier doch wäre und hat uns sehr für unsere Arbeit gelobt. Am Schluss fragte ich was sie denn arbeite, worauf sie sagte, sie habe ein Bestattungsinstitut. Das hat das Ganze sehr deutlich gemacht, dass unser Beruf relativ wenig vom Negativen belastet ist. Wer zu uns kommt möchte am Schluss schöner sein, geht raus und hat mehr Selbstbewusstsein. Das Schöne an unserem Beruf ist, dass wir eine gewisse Leichtigkeit haben, und keine Schwere darin.

Wenn ich Arzt bin, nehme ich jeden Tag vielleicht auch etwas Negatives mit nach Hause. Selbst wenn ich 3 Menschen gerettet habe, muss ich vielleicht 4 schlechte Nachrichten überbringen. Das müssen wir in unserem Beruf zum Glück nicht machen – schlechte Nachrichten überbringen!

MS: Wo geht der Trend in 2016 hin? Tragen Frauen mehr langes Haar oder mehr kurze Haare?

AU: Modetechnisch sind kurze Haare immer ein bisschen dabei. Aber grundsätzlich haben wir seit Jahren einen Trend, der extrem feminin und extrem weich ist. Selbst wenn man Seiten- und Nackenhaare bei Frauen ganz kurz scheren würde, wie zum Beispiel bei so jungen Mädels wie Miley Cyrus, wird die Farbe wieder sehr soft und weich. Auf jeden Fall femininer als je zuvor. Bei Männern wird es ebenfalls weicher, der Undercut fällt komplett weg. Wenn man es ganz modisch gesehen sieht, werden die nächsten drei Jahre hier ganz viele Jungs Undercut wollen. In Mailand allerdings haben die ganzen Jungs und Models sehr gestufte, lange und softe Haare und die Frauen sind sehr feminin. Das ist ein langanhaltender Trend. Wir haben keine lauten Haarfarben mehr, sprich die ganzen gestreiften Haarfarben die lange da waren, die Schwarz/Weiß-Geschichten und die Ombre Techniken (oben halb dunkel, unten halb hell), sind weg. Es wird wieder mehr blasse Farben, mehr Technik, mehr Eleganz geben. Bei Frauen werden das lange und halblange Haar wieder ein Thema – in Deutschland ein kommerzieller Look, was nicht unbedingt negativ sein soll. Bei den meisten Models geht das Haar weit über das Schlüsselbein, also mehr als ein Long-Bob, aber doch sehr viel geschnittenes Haar, dennoch mit einer leichten Welle drin. Halblanges Haar, also länger als Schlüsselbein, das gesund ist und eine schöne natürliche Farbe hat und nicht zu synthetisch, technisch hergestellte Haarfarbe.

Seit meiner Ausbildung hat sich in Sachen Mode und Haare nicht wirklich viel geändert. Es gab schon damals die drei Städte, welche die Mode angesagt haben: London, Paris Mailand. London ist nach wie vor eher technisch, grafisch; Paris: chic, manchmal auch etwas spießig, madamig und Mailand: feminin, lässig, ein bisschen rotzig. Die ganz strengen, abgeschnittenen Pagenköpfe, die rasierten Sachen und die Asymmetrie sind wirklich rum. Aber ganz ehrlich, das mag auch kein Mann. Und Frauen wollen grundsätzlich einen Look haben, den die Männer lieben. Da ist das momentan ja gerade sehr positiv mit dem femininen Look.

MS: Wie lautet Deine Prognose für die zukünftige Entwicklung der Friseur- und Beautybranche?

AU: Wir werden schon wichtiger sein. Es macht Spaß in der Industrie zu arbeiten. Ich hatte bisher großes Glück, dass ich in großartigen Läden arbeiten durfte. Ich habe angefangen, als es noch peinlich war, Friseur zu lernen. Damals war es noch eine Durchsetzungsgeschichte, zu sagen, ich möchte Friseur werden. Mein Vater war ja nicht so glücklich darüber. Aber heute ist der Beruf in der Industrie und Gesellschaft anerkannt und in Stuttgart sind schon einige Spitzen-Läden eröffnet worden.

MS: Friseursalons klagen häufig, dass sie keine geeigneten Auszubildenden finden. Woran fehlt es den Lehrlingen heute? Wie kann man solche Schwachpunkte beheben?

AU: Wir rekrutieren unsere Auszubildend, unseren Nachwuchs, nicht nur über unseren Namen, sondern auch über Berufsbildungszentren. Es war bei mir schon so, und es ist leider immer noch so, dass die Berufsberater, Lehrer und Schulen jungen Menschen mit einem ganz beschissenen Hauptschulabschluss immer wieder raten, wenn man sonst gar nichts kann oder weiß, dann soll man sich doch mal als Friseur versuchen. Das bekommen wir wöchentlich zu spüren. Das tut mir auch wirklich leid für die jungen Menschen, aber das ist ein hartnäckiges Vorurteil. Dass man für den Beruf des Friseurs gar nichts braucht stimmt natürlich nicht! Wenn wir junge Menschen und Auszubildende suchen, dann wollen wir rein optisch natürlich ganz ordentliche, schöne Menschen haben, dann wollen wir eine Fremdsprache – denn jeder Mitarbeiter geht zweimal im Jahr nach London, Paris oder New York, die Älteren auch auf die Fashion Week zum Arbeiten. Da müssen sie dann natürlich sprechen und verstehen können. Die Auszubildende müssen Mathematik und Chemie können, sie müssen eine gewisse Bildung haben. Also es reicht noch lange nicht aus, den Freunden die Haare samstags zu föhnen, um den Beruf zu machen.

Wir haben vor kurzem die Rekrutierung der Azubis für dieses Jahr abgeschlossen. Wir suchen nicht nur über die klassischen Wege unsere Auszubildenden, sondern tauschen uns auch mit Friseurkollegen aus. Wir senden unser Portfolio mit tollen Plakaten an die besten Schulen und Berufschulen. Wir zahlen weit übertariflich, aber dennoch ist es schwierig, geeignete Auszubildende zu finden die den Beruf erlernen wollen, da 80% der Bewerber die weiter oben benannten Menschen sind. Da reicht eben allein nicht das Interesse an YouTube und frisieren, sondern man muss wirklich Einsatz zeigen, dann kann man auch viel Erfolg im Beruf haben.

MS: Wie, denkst Du, ist das Friseurhandwerk auf die Zukunft vorbereitet?

AU: Unser Beruf wird wichtiger werden, er wird sich aber auch sozial spalten. Es gibt ganz viele Läden, die für 10 Euro einen Haarschnitt anbieten. Aber es gibt auch Salons, die viel mehr als nur einen Haarschnitt anbieten. Die Berechtigung der Branche wird sein, dass wir definitiv günstige, einfache Shops haben, aber auch solche, wo man sich dann 3 Stunden aufhalten und sich rundherum verwöhnen lassen kann, eine Tasse Kaffee oder ein Glas Champagner bekommt und die tollsten Zeitschriften lesen kann, der Friseur top ausgebildet ist, dass er im Jahr 5-6 Schulungen besucht. Und das wiederum kann ein Friseur, der für 10 Euro pro Haarschnitt arbeitet, nicht bieten. Fest steht, wenn man kürzere Haare möchte, wird das Ergebnis, egal in welchen Salon man geht, gleich sein: kürzere Haare. Beides ist nicht schlecht! Es sind eben zwei unterschiedliche Richtungen. Generell kann man heutzutage dank den vielfältigen Medien viel besser und schneller auf die Kunden vorbereitet sein als noch vor 20 Jahren, und da spielt die Größe und Lage des Salons gar keine Rolle. Wenn wir also ein bisschen geschickt sind und mit dem Handwerk umgehen können, und nicht ganz doof sind und schlafen, dann können wir eigentlich top vorbereitet sein.

MS: In Deinem Salon nutzt Du „Bumble & Bumble“, ein beliebtes amerikanisches Kosmetik-Label, das bei Hollywood-Stars und Stylisten angesagt ist. Was hältst Du von Drogeriemarktprodukten?

AU: Natürlich findet man im Drogeriemarkt auch ordentliche Produkte. Hat man dann noch das Glück unkomplizierte Haare zu haben und eine gute Beratung zu bekommen, kann das schon passen. Wir sind weit davon entfernt einem Kunden zu erzählen, sein 1,90€ Shampoo wäre schlecht für ihn. Wir verwenden im Salon natürlich ausschließlich unsere exklusiven Linien die wir auch verkaufen, Bumble & Bumble, Kevin Murphy, Aésop… die Kunden wollen diese Produkte dann natürlich, nun ist es an uns das Richtige auszuwählen. Ganz klar, dass diese Produkte in Inhaltsstoffen und Innovation weit vorne liegen. Und ein Stück weit ist es natürlich auch die Freude, solch exklusiven Produkte Zuhause zu haben!

MS: Kommunikation ist wichtig. Vor allem mit den Kunden. Welche Tipps hast Du, um die Kommunikation zwischen Dienstleister und Kunde zu verbessern. Ein einfaches "Spitzen schneiden" kann ja verschieden ausgelegt werden: so meint die Kundin vielleicht 2-3 cm, der Friseur geht jedoch von bis zu 5-7 cm aufgrund Spliss aus.

AU: Wenn ein Kunde weiß, was er möchte, soll er dies bitte auch kommunizieren. Es ist nicht hilfreich, wenn der Kunde sagt, was er nicht möchte. Wenn man möchte, dass das Haar 1 cm abgeschnitten werden soll, dann sagt man „Ich möchte heute mein Haar 1 cm abgeschnitten haben, dann bin ich glücklich“. Wenn ich dagegen sage, ich möchte die Spitzen abgeschnitten haben, kann das alles sein – grob gesagt von 1 cm bis 30 cm. Wenn man sagt, man wolle kein Pony haben, kann das immer noch zehn andere Sachen beinhalten. Wenn man so weit ist und weiß was man will, soll man auch so mutig sein und es deutlich sagen! Man sollte nicht zu schüchtern sein um Bilder mitzubringen. Kein Friseur der selbstbewusst ist hat Probleme mit Bildmaterial. Wir lieben Bildmaterial! Wenn man gerne eine Haarfarbe haben möchte und weiß, wie es aussehen soll, dann sollte man alle Möglichkeiten nutzen und all das Material mitbringen, was hilft. Und wenn ein Friseur drauf je nicht eingeht, dann ist es ein schlechter Friseur. Wir sind dankbar für alles Visuelle. Als Kunde sollte man also mutig sein und deutlich sagen was man will.

MS: Als vielbeschäftigter Mann bist Du ja quasi mit dem Beruf verheiratet. Was machst Du persönlich für Dich als Ausgleich zum Beruf?

AU: Ich mache gerne Sport, Bewegung tut jedem gut! Das mache ich regelmäßig. Ansonsten reise ich sehr viel und gerne. Liebste Ziele sind vor allem Italien und Griechenland, wo ich gerne am Strand sitze und die Sonne genieße. Beruflich bin ich auch gerne in New York. Unter anderem gehe ich auch gerne schön Essen und treffe mich mit Freunden.

MS: Was sind Deine Pläne für die Zukunft?

AU: 2016 besteht unser Unternehmen 10 Jahre. Zeit in sich zu gehen, zu sehen was unsere Ideen waren, wo wir stehen, ob wir angekommen oder gar weiter sind, wie hat sich unser Handwerk verändert, etc. Auch Zeit, dem Salon ein Lifting zu geben, behutsam, denn wir lieben unsere Räume. Neu und aktuell sind wir immer, wir stehen nie still, wir lernen täglich dazu, schon weil das Leben nicht stillsteht. Hätten wir noch vor 3-4 Jahren überlegt bei uns gegenüber einen Barbershop zu eröffnen, sind wir von dieser Idee weiter weg denn je zu vor, denn Barbershops gibt es ja mittlerweile in vielen Niveaus zuhauf. Wir denken eher über eine BLOW BAR nach, aber man wird sehen, was kommt. Wichtig ist sich treu zu bleiben, nicht jedem Trend hinterherzurennen… es könnte nur ein Lüftchen sein!

Lieber Arndt, wir danken Dir ganz herzlich, dass Du Dir Zeit für die Beantwortung unserer Fragen genommen hast und wünschen Dir und Deinem Team weiterhin alles erdenklich Gute!

Mehr Infos zu Arndt Ullmann und seinem Salon unter www.arndtullmann.com

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